Ortschronistentagung 2025 in Güstrow

Fachtagung für Ortschronistinnen und -chronisten des Landkreises Rostock. (Programm)
Am Samstag den 5.4.2025 fand nun schon zum neunten Mal die Fachtagung der Ortschronistinnen und -chronisten im Kreistagssaal des Landratsamtes in Güstrow statt. Wie immer organisiert durch die Stiftung Mecklenburg in Kooperation mit unserem Verein MFP e.V..
Zu Beginn der Tagung begrüßte Dr. Florian Ostrop die 45 Gäste, unter ihnen auch wieder etliche Mitglieder unseres Vereins, im Namen der Stiftung Mecklenburg. Ihm folgte Andreas Parlow mit einem Grußwort. Er würdigte in einem Nachruf die Lebensleistung des kürzlich verstorbenen Rolf-Peter Bartz, der auch im Kreise der Ortschronisten als Autorität bekannt war. Dr. Anselm Pell, der Leiter des Kreisarchivs, hielt ein weiteres Grußwort. Er sicherte den Forschenden die Unterstützung des Archivs des Landkreises zu und betonte die Wichtigkeit ihrer Arbeit. Dr. Reno Stutz übernahm dann, noch sichtlich gerührt von der Todesnachricht von Rolf-Peter Bartz, die Moderation der Tagung.
Den ersten Vortrag des Tages hielt Harald Liepert aus Nienhagen. Er berichtete über die Ergebnisse der Chronikarbeit: „Nienhagen - Wie das Ostseebad entstand“. Die Chronikgruppe konnte sich dabei auf Vorgängerarbeiten stützen und fand insgesamt eine gute Quellenlage vor. Die Geschichte des Ortes ist noch recht jung, denn erst im 19. Jahrhundert ist er auf einer von zwei Hufen und deren Aufteilung in Teilparzellen entstanden. Diese ersten Parzellen wurden ab 1905 zum Aufbau von Gästehäusern genutzt. Das Gästekurwesen konnte beginnen und ersetzte größtenteils die landwirtschaftliche Nutzung. Die Kosten für die Erschließung trug der damalige Besitzer Wilhelm Barten (1869-1916). Über die behördlichen Widerstände und die natürlichen Hindernisse berichtete der Referent lebhaft und unterstützt durch viele Bilder. Bis heute wird an Wilhelm Barten erinnert, 1923 wurde ein Gedenkstein im Beisein von Familienmitgliedern der Familie Barten aufgestellt. Mit vielen Fragen ging es dann in die erste Kaffeepause.
Anschließend berichtete Janine Uhlemann aus Rostock in ihrem Vortrag „Seeleute erzählen – ein Ausstellungsprojekt“, über die aktuelle Sonderausstellung des Schifffahrtsmuseums auf dem Traditionsschiff. Eine Erinnerung an unsere Herbsttagung, bei der wir Teile der Ausstellung in der Entstehung sahen. Hier ein kleiner Ausblick zur Ausstellung: https://schifffahrtsmuseum-rostock.de/ausstellungen/sonderausstellung/.
Direkt im Anschluss daran trug Thomas Rohmann aus Klein Grabow zum Thema „Schienen übers Land – wie die Eisenbahn Mecklenburg veränderte“ vor. Er berichte darüber, wie ab 1844 auch in Mecklenburg die Eisenbahn Einzug hielt. Der Ausbau der Gleise ermöglichte den Aufbau von neuen Industrien. Feldbahnen belieferten neue Zuckerfabriken mit den Rüben der Güter, die Ziegeleien erhielten mit ihnen den Lehm und transportierten die fertigen Ziegel zu den größeren Bahnpunkten. Nicht zuletzt entstand durch den Bedarf an Gleisen und Wagen auch die Industrie zur Produktion von Schienen und Zugehör (Dolberg und der Wagonbau Wismar). Es entstanden neue Berufszweige wie Heizer, Maschinenführer und Techniker. Auf der anderen Seite verloren zum Beispiel Fuhrwerker und Postkutscher ihren Arbeitsplatz. Ein grundlegender Wandel begann. Ein interessanter Vortrag, der im Anschluss viele Fragen und eine lebhafte Diskussion auslöste.
In der Mittagspause gab es bei Brötchen und Kaffee Zeit zum weiteren Austausch. Den ersten Vortrag am Nachmittag gestalteten Lutz Müller aus Rostock und Steffen Fleischer aus Pastow mit dem Thema „Angriffsziel Rostock – Schicksale abgeschossener Piloten der U.S. Air Force“. Die beiden Referenten berichteten über ihre komplexe Suche nach den Besatzungen abgestürzter bzw. abgeschossener Flugzeuge im 2. Weltkrieg. Teilweise sind in den deutschen Quellen (z.B. Kirchenbüchern) keine Namen der Toten vermerkt. Die Nachforschungen führte sie auch in amerikanische Archive. Dort fanden sie Aufzeichnungen für alle Flugzeuge, die nicht nach Plan zurückkehrten. Es wurden damals standardisierte Protokolle erstellt, die laufend um jede neue Information ergänzt wurden. Heute sind sie teilweise für Forschungszwecke nutzbar. So können auch nach so langer Zeit immer noch die Schicksale von Militärangehörigen geklärt werden. Am Beispiel von zwei, auf einem Sühnekreuz in Steffenshagen genannten „namenlosen amerikanischen Piloten“, zeigten sie, wie die Namen der Piloten ermittelt werden konnten. Auch die Todesumstände, aus heutiger Sicht ein Kriegsverbrechen, konnten sie ermitteln. Ein interessanter Vortrag zu einem bewegenden Thema. Im Anschluss an den Vortrag gab es viele Nachfragen zu den Quellen und dem Vorgehen.
Nach der letzten Kaffeepause stellte Torsten Hauk aus Schwerin auch in diesem Arbeitskreis die Arbeit des Munitionsbergungsdienstes in Mecklenburg-Vorpommern vor. Die Ortschronisten sind neben den alliierten Luftbildern eine wichtige Quelle für das Auffinden von Munitionsresten aus den Weltkriegen. Mit diesem Vortrag hat Herr Hauk nun alle zu den Fachtagungen erschienenen Ortschronisten in den Regionen für dieses Thema sensibilisiert.
Den Abschluss der Tagung bildeten wieder einige kurze Vorstellungen von Projekten einzelner Forscher und Forschergruppen. Herr Dr. Ostrop berichtete von der Übergabe eines Typoskript an die Stiftung Mecklenburg durch den Chronisten von Langenhagen Siebo Woydt. Der Mecklenburger Sozialdemokrat Ludwig Brüsehaber beschreibt darin auf knapp 50 Seiten seinen „Kampf und Widerstand gegen den Nazismus“ im Zeitraum von 1923 bis 1945 in den Orten Rothspalk (Ortsteil von Lalendorf) und Bad Doberan. Ein spannendes zeitgeschichtliches Dokument, das sicher noch weiter ausgewertet werden wird.
Mit großem Dank an alle an der Tagung Beteiligten ging die Tagung nach 16 Uhr zu Ende. Die nächsten Tagungen werden dann in Parchim und in Dassow im Herbst stattfinden.
(Text und Foto: A. Adam)