Ortschronistentagung 2016 Parchim
Die Stiftung Mecklenburg organisiert jährlich drei Treffen der Ortschronisten; um Anreisewege kurz zu halten für jeweils einen der Landkreise Mecklenburgs (Ludwigslust-Parchim und Stadt Schwerin, Landkreis und Stadt Rostock, Mecklenburgische Seenplatte). Der Landkreis Nordwestmecklenburg organisiert seine Ortschronistenfachtagung sehr erfolgreich selbstständig und hat dabei auch eine beachtenswerte Tradition.
Am 15. Oktober fand im Alten Rathaus in Parchim die Ortschronistentagung für den Landkreis Ludwigslust-Parchim und die Stadt Schwerin statt. Wie immer lag die Tagungsleitung beim bekannten Rostocker Historiker und Publizisten Dr. Reno Stutz (Foto links) in guten Händen.
Dr. Florian Ostrop (Foto links), stellvertretender Geschäftsführer der Stiftung Mecklenburg, begrüßte die etwa 40 Teilnehmer des Treffens. Besonders hob er die stetig steigende Resonanz der Treffen hervor. Die Förderung Mecklenburger Identität durch Sammlung, Bewahrung, Erschließung, Pflege, Auswertung und Vermittlung kultureller Werte und Überlieferungen Mecklenburgs, ein Zweck der Stiftung Mecklenburg, wird insbesondere auch durch die überwiegend ehrenamtliche Tätigkeit der Ortschronisten realisiert.
Die Wertschätzung der Tätigkeit der Ortschronisten wurde auch in dem persönlich vorgetragenen Grußwort des Bürgermeisters Dirk Flörke sichtbar. In Parchim ist dies sicher mit ein Verdienst des Heimatbundes Parchim.
Der erste Vortrag "Der Heimatforscher als Museologe - Tipps" wurde von Frau Dr. Kathrin Möller (Rostock, Foto links) gehalten. Frau Dr. Möller ist Vorstandsmitglied im Museumsverband in Mecklenburg-Vorpommern e.V. und Leiterin des Heimatmuseums Warnemünde. Am Beispiel der Warnemünder Kapitänsfamilien Stuhr und Kreplin zeigte sie sehr anschaulich wie durch konsequente Ausnutzung von Quellen, wie beispielsweise der Adressbücher, eine Familiengeschichte erforscht werden kann.
Der zweite Vortrag "Der Heimatforscher im Internet – Tipps zur Nutzung der Archivportale" wurde von Herrn Dr. Bernd Kasten (Schwerin, Foto links) gehalten. Herr Dr. Kasten ist Vorsitzender des Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern im Verband deutscher Archivarinnen und Archivare e.V. und zugleich Leiter des Stadtarchivs Schwerin. Dr. Kasten beschrieb eine Reihe von Internetportalen, die zum einen Übersichten, Verzeichnisse und andere wertvolle Informationen bereitstellen aber auch einige Portale, die gescannte Originaldokumente anbieten. Einige seien hier genannt:
Den dritten Vortrag "Redefin - eine spezielle Ortsgeschichte" hielt Dr. Wolf Karge (Schwerin). Dr. Karge ist als freier Publizist und Berater für Museen und Museumsträger, für Verlage, Hörfunk, Printmedien und Fernsehen tätig. Dr. Karge berichtete anschaulich über die Entstehung einer Chronik zum bekannten Landgestüt Redefin.
Den vierten Vortrag "Slawenburgen - Wurzeln des Landes Mecklenburg" hielt Dr. Fred Ruchhöft (Greifswald), wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Ur- und Frühgeschichte an der Universität Greifswald. Das Thema des Vortrages steht für Hobbygenealogen nicht gerade im Brennpunkt ihrer Arbeit. Die interessante, fesselnde Art des Vortrages von Herrn Dr. Ruchhöft ließ die Aufmerksamkeit jedoch nicht erlahmen.
Den fünften Vortrag "Sagen und ihre historischen Hintergründe" hielt Herbert Remmel (Pinnow). Herr Remmel arbeitete lange Zeit als Redakteur des "Mecklenburg Magazins". In seinem Vortrag gab er zahlreiche Hinweise, wie der Wahrheitsgehalt von Sagen bewertet werden kann.
Abschließend und gewissermaßen als Einleitung zum folgenden fachlichen Austausch referierte Dr. Reno Stutz zum Thema "Der Heimatforscher als Chronist – Tipps und Ratschläge".
Noch zwei interessante Links zu Seiten der Universität Rostock:
Unter der Adresse http://apps.wossidia.de/ präsentiert die Universitätsbibliothek das digitale Wossidlo-Archiv.
Das Institut für Volkskunde (Wossidlo-Archiv) plant den Aufbau eines Wiki-Archivs der Ortschroniken von Mecklenburg-Vorpommern unter der Adresse https://www.ortschroniken-mv.de/. Derzeit sind jedoch erst ein gutes Dutzend von Chroniken erfasst.
In vielen Diskussionen zu einzelnen Beiträgen und in mehreren Gesprächen am Rande der Veranstaltung konnte ich ein großes Interesse an der Arbeit des MFP erkennen. Insbesondere die Erstellung von Ortsfamilienbücher unter Leitung des MFP zeigte die enge Verbindung der Arbeit der Ortschronisten mit denen der Hobbygenealogen.
Die Veranstaltung der Stiftung Mecklenburg fand in Kooperation mit dem Museumsverband in Mecklenburg-Vorpommern e.V. und dem Landesverband Mecklenburg-Vorpommern der deutschen Archivarinnen und Archivare sowie der Stadt Parchim statt. Gefördert wurde die Veranstaltung durch das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur Mecklenburg-Vorpommern. Ein herzliches Dankeschön auch an den lokalen Gastgeber, den Heimatbund Parchim!
Am Rande bemerkt:
In Parchim trifft man derzeit an vielen Stellen auf Hinweisschilder zum Martinimarkt, der vom 4. - 7. November 2016 stattfindet. Ich erinnere mich noch gut, wie vor knapp 50 Jahren der Personenzug von Lübz nach Parchim zur Zeit des Martinimarkts, dem Rummelereignis des Jahres in der Gegend, völlig überfüllt und verspätet von Lübz (meinem damaligen Wohnort) abfuhr. Man schaffte es auch kaum, sich vor Abfahrt noch eine Fahrkarte am überfüllten Fahrkartenschalter zu holen. War auch egal, der Schaffner hatte keine Chance sich durch den Zug zu drängeln. Später dann, als Hobbygenealoge, hatte "Martini" für mich eine ganz andere Bedeutung. In den Dörfern fertigten die Pastoren sogenannte "Martinilisten", eine jährliche Volkszählung, die die Arbeit des Familienforscher sehr erleichtert. Ich bin mir nicht sicher, ob die heutigen Besucher des Martinimarktes die Bedeutung von "Martini" kennen.
Update: Die SVZ berichtet in einem interessanten Beitrag über den Martinimarkt. Das Mitglied des Heimatbundes und der bekannte Lehrerforscher Dieter Dümcke erzählt interessante Fakten.
Text & Fotos: Dieter Garling
Artikel in der SVZ: Fachsimpeln im Rathauskeller (PDF)
Nachtrag: Ich erhielt noch folgenden Hinweis: Herr Dr. Wolf Karge hat der Stadt Parchim im letzten Jahr geholfen, den "Martinimarkt" auf die deutsche Liste des "Immateriellen Weltkulturerbes" zu bekommen.